Funkwerk-Porträt: „Die Bahnexperten“
In Kölleda entstand aus einem alten DDR-Volksbetrieb ein Europameister für digitale Kommunikations- und Sicherheitstechnik: Die Funkwerk AG. Die innovativen Technologien aus Thüringen verbinden heute Züge und Bahnhöfe in der ganzen Welt.
Wirtschaftlicher Erfolg entsteht nicht nur an den Drehkreuzen des Ostens – sondern manchmal auch in der Provinz. Wie in Kölleda, ein 6.500-Seelen-Ort im ländlichen Thüringen zwischen Kyffhäuser und Ettersburg, wo riesige Felder die Landstraße säumen. Im unscheinbaren Gewerbegebiet „Kiebitzhöhe“ liegt die Zentrale der Funkwerk Kölleda AG, eine Aktiengesellschaft, die an der Münchner Börse m:access gelistet ist. Das Unternehmen hat sich still und leise zu einem internationalen Technologieführer für digitale Kommunikations- und Informationssysteme entwickelt – vor allem in zukunftsträchtigen Nischen. Ihre maßgeschneiderten Funksysteme steuern heute Hochgeschwindigkeitszüge in Europa, ihre Informationsanlagen leiten Reisende durch Großstadt-Bahnhöfe, ihre Video-Systeme sorgen für Sicherheit auf Fabrikgeländen, in Kraftwerken und Haftanstalten. „Wir entwickeln aus unserem Tagesgeschäft heraus immer wieder neue Lösungen am Puls der Zeit“, sagt Vorständin Kerstin Schreiber.
„Der Osten wird erheblich unterschätzt. Unsere Region bietet hervorragende Chancen, ein gutes Bildungssystem und sehr gut ausgebildete Fachkräfte.“
Zu den Kunden des Funkwerks in mehr als 40 Ländern der Welt zählen neben der Deutschen Bahn auch die Staatsbahnen etwa in Frankreich, Belgien und den Niederlanden, in Skandinavien, der Schweiz und Österreich. Auch die großen Schienenfahrzeug-Hersteller wie Siemens, Bombardier und Alstom verbauen Anlagen aus Kölleda und fahren damit nahezu weltweit, so zum Beispiel in China und Australien, Mexiko und Südafrika. Ein Plus der Branche: Die Beziehungen zu den Kunden sind ebenso langlebig wie ihre Produkte, die oft Jahrzehnte im Einsatz sind.
Ein Schlüssel des Erfolgs der Funkwerker liegt im digitalen Mobilfunkstandard GSM-R begründet, der speziell für den Einsatz in Eisenbahnen entwickelt wurde. „Wir sind die ersten und einzigen Anbieter in Europa, die das Herzstück, das GSM-R-Funkmodul, im eigenen Haus entwickelt haben und bis heute in unsere individuellen Zugfunksysteme integrieren“, sagt Schreiber. „Damit sind wir nah am Kunden und können maßgeschneiderte Lösungen anbieten – ohne einen externen Lieferanten einschalten zu müssen.“ Der Service der Funkwerk AG reicht dabei von der Entwicklung und Produktion der Leiterplatten in Kölleda bis zur Endmontage der Geräte in den Zügen vor Ort. „Durch die Forschung und die Fertigung im eigenen Haus verfügen wir über eine enorm große Ingenieurs-Schlagkraft“, betont Schreiber.
Haupteigentümer mit 78 Prozent ist der Münchner Unternehmer Hans Hörmann. Er hatte den einstigen VEB 1992 von der Treuhand gekauft, sein liberaler Geist prägt bis heute die Unternehmenskultur. „Hans Hörmann hat uns von Beginn an viele Freiheiten gelassen und die unternehmerische Verantwortung in unsere Hände gelegt“, erzählt Schreiber. Entsprechend verantwortungsvoll trage die ganze Mannschaft das Unternehmen. Zudem habe der Firmenchef seit den 1990er Jahren seine Gewinne stets wieder ins Unternehmen investiert. So konnten frühzeitig die digitalen Technologien entwickelt werden, mit denen die Thüringer Funkwerker bis heute ein Vorreiter ihrer Nische sind. Bei der Deutschen Bahn konnten sie seinerzeit einen Großauftrag an Land ziehen und mehr als 10 000 Triebfahrzeuge umrüsten. Mittlerweile seien die Bahnstrecken der Republik weitgehend digitalisiert, erzählt Schreiber, unter derer Führung sich der Aktienwert des Unternehmens seit ihrer Berufung zum Vorstand im Jahr 2013 mehr als verfünffacht hat. Es ist eine Erfolgsgeschichte aus Thüringen.
„Der Osten wird erheblich unterschätzt“, findet Schreiber. „Unsere Region bietet hervorragende Chancen, ein gutes Bildungssystem und sehr gut ausgebildete Fachkräfte.“ Die Funkwerk AG selbst sei indessen ein gesamtdeutsches Unternehmen geworden – mit Standorten in Kölleda und München, Berlin, Nürnberg und Bremen. „Wir sind stolz darauf“, sagt Schreiber, „dass wir in unserem täglichen Umgang keine Unterschiede machen, wo jemand arbeitet.“ Schreiber, selbst Thüringerin und studierte Betriebswirtin, ist seit gut 20 Jahren in verschiedenen Führungspositionen im Konzern unterwegs, sie hat den Börsengang mit vorbereitet und leitet seit 2006 das Funkwerk in Kölleda. Die Frage nach dem Führungsstil von Frauen an der Konzernspitze sieht sie mit dem ihr eigenen Pragmatismus. „Natürlich gibt es zu wenig Frauen in Führungspositionen“, sagt sie. „Aber unterschiedliche Charaktere gibt es bei Männern ebenso wie bei Frauen.“
Interview und redaktionelle Bearbeitung durch: Sven Heitkamp | Freier Journalist | Leipzig
Funkwerk-Porträt: „Die Bahnexperten“
In Kölleda entstand aus einem alten DDR-Volksbetrieb ein Europameister für digitale Kommunikations- und Sicherheitstechnik: Die Funkwerk AG. Die innovativen Technologien aus Thüringen verbinden heute Züge und Bahnhöfe in der ganzen Welt.
Wirtschaftlicher Erfolg entsteht nicht nur an den Drehkreuzen des Ostens – sondern manchmal auch in der Provinz. Wie in Kölleda, ein 6.500-Seelen-Ort im ländlichen Thüringen zwischen Kyffhäuser und Ettersburg, wo riesige Felder die Landstraße säumen. Im unscheinbaren Gewerbegebiet „Kiebitzhöhe“ liegt die Zentrale der Funkwerk Kölleda AG, eine Aktiengesellschaft, die an der Münchner Börse m:access gelistet ist. Das Unternehmen hat sich still und leise zu einem internationalen Technologieführer für digitale Kommunikations- und Informationssysteme entwickelt – vor allem in zukunftsträchtigen Nischen. Ihre maßgeschneiderten Funksysteme steuern heute Hochgeschwindigkeitszüge in Europa, ihre Informationsanlagen leiten Reisende durch Großstadt-Bahnhöfe, ihre Video-Systeme sorgen für Sicherheit auf Fabrikgeländen, in Kraftwerken und Haftanstalten. „Wir entwickeln aus unserem Tagesgeschäft heraus immer wieder neue Lösungen am Puls der Zeit“, sagt Vorständin Kerstin Schreiber.
„Der Osten wird erheblich unterschätzt. Unsere Region bietet hervorragende Chancen, ein gutes Bildungssystem und sehr gut ausgebildete Fachkräfte.“
Zu den Kunden des Funkwerks in mehr als 40 Ländern der Welt zählen neben der Deutschen Bahn auch die Staatsbahnen etwa in Frankreich, Belgien und den Niederlanden, in Skandinavien, der Schweiz und Österreich. Auch die großen Schienenfahrzeug-Hersteller wie Siemens, Bombardier und Alstom verbauen Anlagen aus Kölleda und fahren damit nahezu weltweit, so zum Beispiel in China und Australien, Mexiko und Südafrika. Ein Plus der Branche: Die Beziehungen zu den Kunden sind ebenso langlebig wie ihre Produkte, die oft Jahrzehnte im Einsatz sind.
Ein Schlüssel des Erfolgs der Funkwerker liegt im digitalen Mobilfunkstandard GSM-R begründet, der speziell für den Einsatz in Eisenbahnen entwickelt wurde. „Wir sind die ersten und einzigen Anbieter in Europa, die das Herzstück, das GSM-R-Funkmodul, im eigenen Haus entwickelt haben und bis heute in unsere individuellen Zugfunksysteme integrieren“, sagt Schreiber. „Damit sind wir nah am Kunden und können maßgeschneiderte Lösungen anbieten – ohne einen externen Lieferanten einschalten zu müssen.“ Der Service der Funkwerk AG reicht dabei von der Entwicklung und Produktion der Leiterplatten in Kölleda bis zur Endmontage der Geräte in den Zügen vor Ort. „Durch die Forschung und die Fertigung im eigenen Haus verfügen wir über eine enorm große Ingenieurs-Schlagkraft“, betont Schreiber.
Haupteigentümer mit 78 Prozent ist der Münchner Unternehmer Hans Hörmann. Er hatte den einstigen VEB 1992 von der Treuhand gekauft, sein liberaler Geist prägt bis heute die Unternehmenskultur. „Hans Hörmann hat uns von Beginn an viele Freiheiten gelassen und die unternehmerische Verantwortung in unsere Hände gelegt“, erzählt Schreiber. Entsprechend verantwortungsvoll trage die ganze Mannschaft das Unternehmen. Zudem habe der Firmenchef seit den 1990er Jahren seine Gewinne stets wieder ins Unternehmen investiert. So konnten frühzeitig die digitalen Technologien entwickelt werden, mit denen die Thüringer Funkwerker bis heute ein Vorreiter ihrer Nische sind. Bei der Deutschen Bahn konnten sie seinerzeit einen Großauftrag an Land ziehen und mehr als 10 000 Triebfahrzeuge umrüsten. Mittlerweile seien die Bahnstrecken der Republik weitgehend digitalisiert, erzählt Schreiber, unter derer Führung sich der Aktienwert des Unternehmens seit ihrer Berufung zum Vorstand im Jahr 2013 mehr als verfünffacht hat. Es ist eine Erfolgsgeschichte aus Thüringen.
„Der Osten wird erheblich unterschätzt“, findet Schreiber. „Unsere Region bietet hervorragende Chancen, ein gutes Bildungssystem und sehr gut ausgebildete Fachkräfte.“ Die Funkwerk AG selbst sei indessen ein gesamtdeutsches Unternehmen geworden – mit Standorten in Kölleda und München, Berlin, Nürnberg und Bremen. „Wir sind stolz darauf“, sagt Schreiber, „dass wir in unserem täglichen Umgang keine Unterschiede machen, wo jemand arbeitet.“ Schreiber, selbst Thüringerin und studierte Betriebswirtin, ist seit gut 20 Jahren in verschiedenen Führungspositionen im Konzern unterwegs, sie hat den Börsengang mit vorbereitet und leitet seit 2006 das Funkwerk in Kölleda. Die Frage nach dem Führungsstil von Frauen an der Konzernspitze sieht sie mit dem ihr eigenen Pragmatismus. „Natürlich gibt es zu wenig Frauen in Führungspositionen“, sagt sie. „Aber unterschiedliche Charaktere gibt es bei Männern ebenso wie bei Frauen.“
Interview und redaktionelle Bearbeitung durch: Sven Heitkamp | Freier Journalist | Leipzig